Samstag, 21. September 2013

Katholischer Journalismus



Zur Einführung seines Kommentars über die am 15. Mai 1956 veröffentlichte Enzyklika „Haurietis aquas“ von Pius XII. beschreibt Prof. Plinio Corrêa de Oliveira wie die wahre Einstellung eines katholischen Redakteurs gegenüber den Relativismus eines Nichtglaubenden sein sollte.

Zum Anlass des hundertsten Jahrestages der Einsetzung des liturgischen Festes des Heiligen Herzen Jesu veröffentlichte Papst Pius XII. die Enzyklika „Haurietis aquas“ (15. Mai 1956), über den wahren Sinn, Wichtigkeit und Aktualität dieser Andacht. Im Laufe seines Pontifikates veröffentlichte dieser Papst unzählige Dokumente, die große Aufmerksamkeit verdienen. Doch wir können sagen, dass ohne Zweifel diese Enzyklika in der Geschichte seines Pontifikates eines der leuchtendsten und wichtigsten Zeichen sein wird.
Wenn wir auch jedes päpstliche Lehrdokument mit Respekt und Freude aufnehmen, so bringen wir heute eine ausführliche Zusammenfassung dieses hervorragenden Dokumentes mit einem besonderen Gefühl des Wohlgefallens. Denn das Thema der Enzyklika befindet sich im Kern aller Probleme, die wir teils implizit, teils explizit des öfteren behandelt haben.
Eine Beobachtung, die die Lektüre unserer Zeitung (Catolicismo) nahelegt, ist, dass sie äußerst bemüht ist in der genauen und vollständigen Beachtung aller Gebote der katholischen Doktrin, sowie eine uneingeschränkte und gewissenhafte Zustimmung jedem Lehrakt der Heiligen Kirche entgegenbringt. Diese ständige Sorge um eine tiefbeständige Treue und Genauigkeit scheint vielen unklug oder gar unsympathisch. Sie meinen, dass die Pflicht zu Mitleid und Erbarmen, der Geist der Milde und der Gnade gegenüber den Ungläubigen, denen es so schwer fällt – gerade in unseren Tagen – den wahren Glauben anzunehmen, und gegenüber den Gläubigen, deren Beharrlichkeit immer größere Kämpfe erfordert, den katholischen Journalisten zu einer äußerst versöhnlichen Haltung verleiten sollte.
Statt den Irrtum und das Böse zu geißeln, sollte er eher über beide schweigen. Statt die Fahne der Vollkommenheit auszubreiten und die Leser auf die hohen, schwer zu erklimmenden aber betörenden Gipfeln der hohen Ideale hinzuweisen, sollten sie nur das notwendige zu ihrem Heil lehren. Dies würde sie zu Predigern einer minimalistischen Korrektheit machen, die nichts anderes ist als billige Mittelmäßigkeit. Wer sich die Aufgabe eines katholischen Redakteurs so vorstellt, wird unsere Haltung als kompromisslos, intolerant und unverständlich ansehen.
Wir sind die ersten, die es einsehen, dass diese Einwände, wenn sie nicht stimmen, sie jedoch viel Wahrheit enthalten. Auf den ersten Blick sticht hervor, dass die katholische Lehre sehr schwer zu praktizieren ist. Die Kirche hat wiederholt gelehrt, dass kein Gläubiger aus eigenen Kräften dauerhaft die Gesamtheit der Gebote befolgen kann. Daher scheint es vernünftig zu sein, jede Vollkommenheit in der Befolgung der Gebote als übertrieben anzusehen.
In Wahrheit findet sich die Lösung des Problems in einer anderen Gedankenordnung. Wenn es wahr ist, dass das Unvermögen der menschlichen Natur die Befolgung der Gebote dermaßen erschwert, dann müssen wir auch die unendliche Barmherzigkeit Gottes in Betracht ziehen. Nicht um damit zu folgern, dass Gott es mit der Sünde nicht so genau nimmt, Er, der die unendliche Vollkommenheit ist. Die Barmherzigkeit Gottes kann nicht darin bestehen, dass Er uns in unserem Verderben hilflos darben lässt, sondern darin uns daraus herauszuholen. Angesichts der Blinden, Aussätzigen, Lahmen, die Er auf seinen Wegen begegnete, beschränkte Er sich nicht auf ein Lächeln und weiterzugehen. Nein, Er heilte sie. Angesichts unserer Sünden will seine Barmherzigkeit uns von diesen liebevoll befreien und uns auf seine Schulter tragen. Was wir von der Barmherzigkeit Gottes erwarten, sind die notwendigen Hilfen, die uns befähigen, das Gesetz der Moral zu erfüllen. Dazu haben wir die Gnade, die uns durch die unendlichen Verdienste Jesu Christi erreicht wurde. Die Gnade befähigt unseren Verstand zum Glaubensakt. Sie verleiht unserem Willen eine solche Kraft, dass es ihm möglich wird, die Gebote zu befolgen. Die große Gabe Gottes für die Menschen – wir sagen es noch einmal – besteht nicht in der Gleichgültigkeit gegenüber unseren Fehlern, sie nicht zu tadeln und teilnahmslos uns in sie versinken zu lassen. Die große Gabe ist, uns die übernatürlichen Mittel zu geben, um die Sünde zu meiden und die Heiligkeit zu erlangen. Daher auch die große Verantwortung derer, die diese unschätzbare Gabe ablehnen.
Das ausdruckvollste Symbol dieser barmherzigen Liebe Gottes, der Menge seiner Vergebungen und der Beharrlichkeit mit der Er ständig die Menschen zur Reue auffordert, die notwendigen Gnaden zu erbitten, für die Übung der Tugenden, um durch das Gebet alle notwendigen Mittel zu erlangen zur Änderung seines Charakters, ist das Heiligste Herz Jesu. Im Heiligsten Herz Jesu also erhält jede echte Kompromisslosigkeit gegenüber dem Bösen ihre Norm und Erklärung. Für einen katholischen Journalisten besteht die Güte nicht darin, den Sünder im Glauben zu belassen, dass sein Seelenzustand zufriedenstellend ist. Dem Sünder muss das ganze Grauen seiner Bosheit klargemacht werden, damit er sich von ihr absagt. Er muss auf die Gipfel der Vollkommenheit hingewiesen werden, damit er sie zu erreichen wünscht. Denn alles ist ihm möglich, wenn er beharrlich um die Gnade Gottes bittet und mit dieser kooperiert. Auf diese tiefe und freudige Überzeugung, dass der Mensch mit der Gnade alles vermag, begründet sich die heilige Tugend der christlichen Kompromisslosigkeit. Jeder Akt der Barmherzigkeit ist eine große Gabe, beinhaltet aber auch eine große Verantwortung. Da der Mensch durch Gebet und durch die Treue zur Tugend die Gebote praktizieren kann und soll, gibt es offensichtlich für ihn keine Entschuldigung, wenn er in der Sünde verharrt. Pius XII. zeigt wie die Gnaden im Übermaß aus dem süßesten Herzen Jesu strömen. Gerade deshalb besteht die Formel für ein erfolgreiches Apostolat nicht im Verschweigen der im Menschen innewohnenden Bosheit, sondern in der Aufforderung sich an der göttlichen Quelle rein zu waschen, aus der die Ströme der Gnade entspringen. Dies ist die Aufgabe des katholischen Journalismus.
Nach der Veröffentlichung dieses monumentalen Dokumentes, das die Christenheit dem Heiligen Vater schuldig bleibt, fühlen sich unsere Herzen von dem aufmunternden Wunsch entbrannt, es möge mit der gleichen Tiefgründigkeit, mit der gleichen obersten Autorität, mit der ebenso tiefen Frömmigkeit dieser Enzyklika ein Dokument entstehen über den Kult zum Unbefleckten Herzen Mariens. Dies wäre eine harmonische und vollkommene Ergänzung des Briefes „Haurietis aquas“. 

(Aus „CATOLICISMO“ Nr. 68 - August 1956 - freie Übersetzung aus dem Portugiesischen)