Donnerstag, 15. September 2016

Die Europäische Föderation im Licht der katholischen Lehre

Plinio Corrêa de Oliveira  (zugeschrieben)

Eines der wichtigsten Ereignisse in diesem (20.) Jahrhundert ist ohne Zweifel das Treffen von Paris, bei dem die Vertreter von Frankreich, Italien, West-Deutschland und die kleineren Staaten der Benelux-Gruppe - Belgien, Niederlande und Luxemburg - die Bildung der Europäischen Union beschlossen haben, als eine Einrichtung des Öffentlichen Internationalen Rechts und folglich der Einrichtung einer neben den nationalen Regierungen zusätzlichen gemeinsamen Regierung mit überstrukturellen Charakter.

Vor dem letzten Weltkrieg würde jemand, der solch einen Plan für das 21. Jahrhundert vorgeschlagen hätte, als Träumer gehalten und als Schwachsinniger, wenn er diesen Plan in unseren Tagen für durchführbar hielte.

Europa stand damals noch unter dem Feuer der französisch-deutschen Feindschaft, die aus dem Konflikt von 1914-1918 hervorging und eine wichtige Rolle spielte für den Ausbruch des Krieges 1939-1945. Es schien, dass alle europäischen Länder, die im eigenen kulturellen und wirtschaftlichen Leben strahlten, aber doch gezeichnet von den Ressentiments, dem Ehrgeiz, den Feindseligkeiten der modernen Zeiten, es für unmöglich hielten, in einem einzigen politischen System, so vage und locker es auch sein würde, eingereiht zu werden.

Die Tragödie des 2. Weltkrieges und der daraus folgende wirtschaftliche Zusammenbruch der europäischen Länder, ihr ermüdetes kulturelle Leben und das Risiko - dass nun schon sieben Jahre andauert - einer neuen Invasion von Barbaren schufen günstige Bedingungen für die Verbreitung der Einheitsidee und rückten den Plan einer Europäischen Föderation in greifbarer Nähe.

Die Tragweite der Gründung der Vereinigten Staaten von Europa

Die wirkliche Tragweite der Bildung der Vereinigten Staaten von Europa wurde vom Premierminister Italiens, Alcide de Gasperi, klar definiert, als er dieses Geschehen mit dem Akt der englischen Kolonien in Nordamerika durch welchen sie sich vereinten, um eine Föderation zu bilden, und dem Verzicht der Schweizer Kantone eine Sammlung souveräner Staaten zu sein, um einen Föderalen Staat zu bilden, verglich. Das amerikanische Beispiel ist zur Genüge bekannt. Man weiß, das England dreizehn vollständig unter sich unabhängige Kolonien in Amerika hatte, die jeweils eine direkte Verbindung zur Metropole hatten. Als sie die Unabhängigkeit gegenüber England ausriefen, sollten sie dreizehn verschiedene Nationen bilden. Doch diese Kolonien zogen vor, sich zu einer einzigen föderativen Nation zusammenzuschließen. Weniger bekannt, doch ebenso von Bedeutung, ist das Schweizer Beispiel. Als nach dem endgültigen Fall Napoleons im Jahre 1815 der Wiener Kongress die europäische Landkarte reorganisierte, machte er aus der Schweiz, die aus einer Vielzahl kleiner unabhängiger Kantone bestand und jeweils von einer herrschenden Klasse - Patrizier oder Landaristokratie - regiert wurden, eine Konföderation von 22 Kantonen, die unter sich unabhängig waren, nur verbunden durch eine "Föderalen Pakt", der letztendlich nichts mehr war als ein Vertrag der Allianz und guter Nachbarschaft. Die Schweiz blieb weiterhin also kein Staat sondern eine Ansammlung von Staaten. Dieser Zustand endete nur als, nach heftigen Kämpfen, durch welche, die lokalen Eliten die Zentralisierung und die im "Sonderbund" vereinten Katholiken die protestantische Hegemonie verhindern wollten, und aus denen die Befürworter eines Schweizer Staates obsiegten. Daraus wurde die Schweizerische Verfassung von 1843 geboren. Diese hob die Kantone mit ihren eigenen Regierungen nicht auf und übertrug in die Hände einer zentralen föderativen Regierung die allgemeinen Interessen aller (wie im Fall der amerikanischen oder auch der brasilianischen Staaten). Die heutige Schweizer Republik war somit gegründet.

In beiden Prozessen, dem amerikanischen und dem schweizerischen, gab es also einen Weg von der Unabhängigkeit zur Bildung einer Föderation. Die vormals unabhängigen Staaten wurden zu autonomen Teilstaaten, deren Souveränität von einer zentralen Regierung übernommen wurde.

Dies ist, nach den deutlichen Worten des italienischen Premiers, was nun für Europa beschlossen wurde. Zwischen Frankreich und Deutschland, Italien und Holland usw. wird es künftig nicht mehr die bis heute bestehenden Kluften geben, sondern nur die Grenzlinie der fast ausschließlich administrativen Interessen, so wie sie zwischen Ohio und Massachusets, Rio und São Paulo oder Luzern und Freiburg existieren.

Wie man sieht, handelt es sich um ein enormes Ereignis. Es sind Nationen, die verschwinden werden, nachdem sie die Welt und die Geschichte mit der Ausstrahlung ihres Ruhmes ausgeschmückt hatten... und ein neuer Bundesstaat der erscheint, dessen Zukunft nicht leicht vorausgesehen werden kann.

Die Durchführbarkeit des Plans

Das erste Hindernis zur vollständigen Verwirklichung dieses Planes - der vorerst nur auf dem Papier steht, wie die Bildung eines Atlantischen Heeres und dergleichen - besteht in einem wahrscheinlichen Weltkrieg. Niemand kann vorhersehen was mit dieser keimenden Föderation während und nach einem Krieg geschehen wird. Sie kann sich sowohl endgültig festigen als auch im Feuergefecht verbrennen, so dass nicht einmal Spuren ihrer Asche übrigbleiben.

Selbst wenn wir den Fall eines Krieges ausschließen, werden andere Schwierigkeiten auftreten. Eine Föderation, die versucht mit einen Schwamm so viele Jahrhunderte der Geschichte zu verwischen, kann offensichtlich nicht nur von einer Gruppe von Politikern und Bürokraten durch die Unterzeichnung eines Vertrags aufgebaut werden. Eine lange Zeit der Werbung bei den verbündeten Völkern ist notwendig, um in ihnen das Bewusstsein zu bilden, dass über den nationalen Blöcken, in denen sie sich durch Bindungen, die im Blute stecken und leicht auszumachen sind, integriert fühlen, ein abstraktes föderatives Ganzes schwebt, dass nicht im Blut steckt, sondern nur in der Tinte, mit der der Vertrag geschrieben und unterschrieben wurde. Solange sich dieses Bewusstsein nicht gebildet hat, ist klar, dass dieser neuer Organismus noch nicht begonnen hat, natürliches und reales Leben zu besitzen. Doch nicht hier befindet sich die wirkliche Schwierigkeit. Der entpersonifizierte, geschwächte, durch das gegenwärtige Durcheinander orientierungslose Mensch, der in einer geistigen Abhängigkeit - der er sich genussvoll hingibt - von Presse, Radio und Fernsehen lebt, kann leicht zu allem Möglichen überzeugt werden. Es gibt "Techniker", die im Geist dieses Menschen ein "Bewusstsein" für reale und unreale Dinge fabrizieren, die tatsächlich nie in der öffentlichen Meinung zugegen waren, mit der Gewandtheit eines Chirurgen, der in einem menschlichen Körper ein Stück Fleisch, ein Finger oder ein Auge einpflanzt, die ihm bis dann total fremd waren. Die Gefahr besteht viel mehr in der Bildung nationalistischer Strömungen in einigen Staaten der Föderation. Aber auch dies scheint wenig Aussicht zu haben. Eine Menschheit, die Tag für Tag gieriger nach Konsum, Ruhe und Lustbarkeiten greift, ist nicht geneigt sich über sich selbst zu begeistern, zugunsten von Nationalismen welcher Art auch immer ...

So zeigt sich also, um unseren Eindruck zusammenzufassen, dass, ausgenommen im Falle eines Krieges, kein natürlicher Faktor die Bildung der Föderation aufhalten könnte. Um so mehr, da ihre Erbauer schon offiziell erklärt haben, dass sie Schritt um Schritt vorgehen werden, um nach und nach die Teile des neuen Organismus zusammenzufügen, klugerweise beginnend mit dem Grundstein.

Ist die Föderation etwas Neues?

Die Frage, ob die Föderation etwas Neues ist, muss ohne weiteres negativ beantwortet werden. In früheren Zeiten bildete Europa schon ein großes Ganzes föderaler Natur, in einem sehr erweiterten und allgemeinen Sinn des Wortes.

Im Jahr 476 erlosch das abendländische Römische Reich. Von Barbaren überzogen, gab es in Europa keine definierte Saaten mit dauerhaften Grenzen. Es war ein allgemein wildes Treiben, das sich nur besänftigte als die fortschreitende Tätigkeit der großen Missionare das üppige Keimen des Samens des Evangeliums sicherstellte. Zu dieser Zeit, da die Sitten und Gebräuche an Rohheit abgenommen hatten, das Leben sicherer und ruhiger geworden war, das allgemeine Wissen sich entwickelte und ausbreitete, bildete sich eine große Ansammlung christlicher Völker, die sich über ihre natürlichen Unterschiede hinaus durch zwei gemeinsame und tiefe Bande vereint fühlten, die aus einer großen Liebe und einer großen Gefahr entsprungen sind:

a) - aufrichtig und tief christlich, beteten sie in Geist und Wahrheit (und nicht nur gewohnheitsmäßig) Unseren Herrn Jesus Christus an, liebten und wollten wirklich seine Gebote halten und waren ihrer Aufgabe überzeugt, d.h., die Herrschaft dieser Gebote bis an die letzten Grenzen der Erde auszubreiten;

b) - als Frucht dieses folgerichtigen und starken Glaubens herrschte im Geiste aller eine gleiche Art den Menschen, die Familie, das gesellschaftliche Leben, Schmerz und Freude, Ruhm und Demut, Unschuld und Sünde, Reue und Vergebung, Reichtum, Macht, Adel, Mut, kurz, das ganze menschliche Leben zu verstehen.

c) - daraus ergab sich eine kräftige und substantielle Einheit in Kultur und Zivilisation, trotz der lokalen reichhaltigen Verschiedenheiten der einzelnen Nationen, Regionen, Lehen oder Städte;

d) - vor dem doppelten Druck der Sarazenen aus Afrika und den Heiden aus dem Osten Europas das Wissen gemeinsam einer großen Gefahr ausgesetzt zu sein, bei der alle allen zur Seite stehen mussten, um einen Sieg zu erringen, der ein Sieg aller sein würde.

Die Gesamtheit dieser Faktoren der Einheit fand in Karl dem Großem (742-814) ihren mächtigen Katalysator. Er war in den Augen seiner Zeitgenossen der ideale Typus eines christlichen Souveräns: stark, mutig, weise, gerecht, väterlich, mit einem tiefen Streben nach Frieden, dadurch unbesiegt im Kampfe, der es als seine höchste Aufgabe ansah, die Macht des Staates im Dienste der Kirche zu stellen, um das Gesetz Christi in seinem Reich aufrechtzuerhalten und die Christenheit gegen ihre Angreifer zu schützen. Dieses lebende Symbol verwirklichte seine vorgenommenen Ideale, und als Papst Leo III. im Jahre 800 ihn in der Lateranbasilika zum Römischen Kaiser des Abendlandes krönte, setzte er dem Werk Karls des Großen den schönsten Schlussstein auf: Ein großes Reich, das das gesamte christliche Europa umfasste, war gegründet. Ein Reich, das vor allem berufen war, den christlichen Glauben zu erhalten, zu verteidigen und zu verbreiten.

Dieses Reich währte von 809 bis 911. Im Jahre 962 erweckte es Kaiser Otto, der Große, wieder und begründete das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Unter vielen Schicksalsschlägen, deren schrecklichster die tragischen Spaltung durch den Protestantismus und das Aufkommen nationalistischer Tendenzen im 16. Jahrhundert, bestand diese große Institution zumindest theoretisch bis 1806, als Napoleon den letzten römisch-deutschen Kaiser, Franz II., zwang, die Auflösung des Heiligen Reiches zu akzeptieren und den Titel eines Kaisers von Österreich unter dem Namen Franz I. anzunehmen.

Trotz etlicher Krisenperioden durchzog das Heilige Römische Reich Zeiten großen Ruhmes. Seine Struktur diente tatsächlich, um das christliche Ideal einer großen Völkerfamilie auszudrücken, vereint unter dem mütterlichen Schatten der Kirche, um den Frieden, den Glauben und die Sitten zu sichern, um die Christenheit zu beschützen und in der ganzen Welt die freie Verkündigung des Evangeliums zu unterstützen.



Karl der Große, von Albrecht Dürer. Der bekannte deutsche Maler hat mit wunderbarer Deutlichkeit den großen Kaiser dargestellt, wie ihn uns die Geschichte vorstellt: Seine Haltung strahlt Kraft, Macht und Herrschaft aus. Eine Kraft, die aber nicht aus dem Überfluss eines hitzigen Temperaments kommt, sondern von einem tiefen Bewusstsein für das Rechts des Guten. Seine Macht ruht weniger auf die der Waffen denn auf die des Geistes. Majestätisch, doch voll der Güte. In seinem ganzen Wesen vernimmt man etwas heiliges: Er ist der von Gott gesandte, der das Reich Christi in der weltlichen Ordnung errichtete und den Grundstein der christlichen Zivilisation legte. Er ist der vom Papst eingesetzte Imperator, versehen mit der apostolischen Aufgabe der Verteidigung und dem Schutz des Glaubens.
Karl der Große verwirklichte als erster die staatliche Einheit Europas.





Was soll man über die Europäische Föderation denken?

Man sieht, das die Kirche prinzipiell sich nicht darauf beschränkte große internationale Strukturen zu erlauben, sondern sie auch von ganzen Herzen fördert, wenn sie sich ein legitimes Ziel setzen. In seinem Wesen also, verdient der Gedanke, die europäischen Völker zu einer gut erbauten politischen Einheit zusammenzuführen, Zuspruch.

Es scheint, das die derzeitigen Gegebenheiten dieses Vorhaben als zweckmäßig zu betrachten. Angesichts eines gemeinsamen externen Feindes und im Clinch mit einer internationalen wirtschaftlichen Krise, könnte nichts gerechter und empfehlenswerter sein, als der Zusammenschluss der Länder des freien Europas, um zu kämpfen und zu siegen.

Doch diese Idee prinzipiell gutzuheißen, ist eine Sache. Eine andere ist, sie bedingungslos unter welchen praktischen Umsetzungen auch immer zu billigen. Zu solch einer Bedingungslosigkeit darf es nicht kommen.

Wir leben in einer Epoche von gewaltiger Verstaatlichungen. Alles wird zentralisiert, geplant, verkünstelt und tyrannisiert. Sollte die Europäische Föderation diesen Weg einschlagen, wird sie von den weisen Worten Papst Pius XII. abweichen, die er an die Leiter der internationalen Bewegung für eine Weltföderation richtete.

Vor allem müssen wir zu verstehen geben, dass die Kirche gegen das Verschwinden so vieler Nationen ist, um einen einzigen Block zu bilden. Jedes Land kann und soll in einer übernationalen Struktur lebendig und definiert bleiben, mit seinen Grenzen, Territorium, Regierung, Sprache, Bräuche und Sitten, Gesetzen und ihrer Eigenart. Ein Redaktionsmitglied dieser Zeitung hatte schon Gelegenheit diese Prinzipien zu erläutern mit den Kommentaren zur oben erwähnten Ansprache Pius XII. Deutschland ist eine Nation, Frankreich eine andere, Italien eine andere. Wenn jemand sie zusammenschmelzen wollte, wie man in einem Schmelztiegel kostbare Schmuckstücke wirft, um sie zu einem nichtssagenden und gewöhnlichen Goldbarren zu machen, der würde bestimmt nicht nach dem Plane Gottes handeln, der eine natürliche Ordnung erschaffen hat, in der jede Nation eine unzerstörbare Wirklichkeit bildet. Wenn also die Europäische Föderation diesen Weg einschlagen würde, wäre es eher ein Übel denn etwas Gutes. Sie muss die Schützerin der nationalen Unabhängigkeiten und nicht eine alles verschluckende Hydra sein. Die föderale Autorität sollte da sein, um die Tätigkeiten der nationalen Regierungen in gewisse Angelegenheiten überstaatlicher Interessen zu ergänzen, doch niemals um sie auszuschalten. Ihre Tätigkeit darf nie die Absicht haben, die nationalen geistigen und kulturellen Eigenschaften zu unterdrücken, doch eher sie nach Möglichkeit zu stärken. So wie es im Heiligen Römischen Reich war, wo sich jede Nation im Rahmen der legitimen und allgemeinen Interessen der Christenheit entwickeln konnte, gemäß ihrer Eigenart, Fähigkeit, Bedingungen, Umgebung etc.

Auf der anderen Seite darf die Wirtschaftliche Struktur nicht einer derartigen Planung unterworfen werden, dass sie in eine super Sozialisierung hineingezogen wird. Wenn der Sozialismus ein Übel ist, dann ist seine Umsetzung in eine staatliche Planungsmanier ein noch größeres Übel. Im Heiligen Römischen Reich, das durchdrungen war von Feudalismus, eines gesunden Regionalismus, von städtischer Selbständigkeit, der Selbständigkeit der Innungen, Universitäten usw., erschien diese Gefahr mit den Legisten, die den Samen des modernen Sozialismus verbreiteten. Doch die Legisten waren immer ein Auswuchs in der Christenheit und ihr Einfluss traf zusammen mit dem Niedergang des wahren christlichen Staatsideals.

Zum Abschluss sei uns eine freimütige Behauptung erlaubt. Keine Gesellschaft, sei sie häuslich, beruflich, freizeitlich, sei sie Staat, Staatenbund oder Weltreich, kann dauerhaft und haltbare gute Früchte hervorbringen, wenn sie offiziell den Gottmenschen, die Erlösung, das Evangelium, die Gebote Gottes, die Heilige Kirche und das Papsttum verkennt. Zufälligerweise können einige Früchte gut sein. Doch wenn sie gut sind, sind sie nicht von Dauer. Sind sie schlecht und dauerhaft, werden sie schädlich.

Würde die Europäische Föderation sich im Schatten der Kirche stellen und von ihr sich inspirieren, anregen und beleben lassen, was könnte man daraus nicht alles erwarten? Verkennt sie aber die Kirche als den mystischen Leib Christi, was kann man dann von ihr erwarten?

Ja, was kann man von ihr erwarten? Einige gute Früchte, die man zweifellos mit allen Mitteln hervorheben und beschützen muss. Doch wie ist es begründet, auch andere Früchte zu erwarten! Und wenn diese Früchte bitter sind, wie kann man nicht befürchten, dass wir uns der Weltrepublik nähern, dessen Aufbau die Freimaurerei seit so vielen Jahrhunderten schon vorbereitet?






Veröffentlicht in „Catolicismo“Nr. 14 - Februar 1952 - mit dem Titel „A Federação Européia à luz da doutrina Católica“

Montag, 12. September 2016

... den Mut haben, allein zu sein in der Erwartung


Wir müssen um den Mut bitten, allein zu sein, wie sie [die Heiligen Drei Könige] es damals waren. Allein inmitten einer heidnischen Welt, aber in der Erwartung des Sternes, in der Erwartung der Stunde Gottes, um, wenn sie dann kommt, seinen Willen in voller Treue und Pünktlichkeit zu erfüllen. Für sie war es die tröstliche Stunde, in der das Jesuskind geboren wurde. Für uns wird es die Zeit sein, in der sich die Verheißungen von Fatima erfüllen. Was auch immer geschieht, wird für uns ein sehr genauer Moment kommen, in dem ein Stern uns sagen wird, dass die langersehnte Stunde gekommen ist. Es wird nicht ein äußerlicher Stern sein, aber eine innere Stimme. Es wird eine Überzeugung sein, dass die Zeit vollendet ist, dass die Zeit aller Kämpfe und aller entscheidenden Schlachten endlich gekommen ist. Wir müssen uns für diese Stunde vorbereiten, damit wir Beispiele von Eifer und Treue seien, wie es die Heiligen Drei Könige waren, indem wir ab sofort Beispiele der Treue in Zeiten des Alleinseins sind.
(Plinio Corrêa de Oliveira)


Freitag, 9. September 2016

Volk und Masse



Plinio Corrêa de OLiveira


Die Prozession zieht über die durch harte und ehrliche Arbeit des Bauern bestellten Felder. Das Allerheiligste verlässt den Tabernakel, überschreitet die Schwellen der Kirche und Unser Herr zieht durch die Kornfelder, um die Erde, ihre Früchte, die menschliche Arbeit und besonders den Bauer zu segnen. Die Szene ist reich an tiefen Harmonien. Gnade und Natur. Kirche und weltliche Gesellschaft, Obrigkeiten und Volk, zivile, militärische und kirchliche, reiche und arme, alles befindet sich dort vereint in Würde, Einfachheit, im Sinn einer Hierarchie der Werte, die die beste und authentischste Schönheit dieses technisch vollkommenen Gemäldes darstellt: Die Segnung der Kornfelder im Arbois von Jules Breton.
Soviel Verschiedenheit, Würde und Wohlbefinden des Menschen, selbst wenn bescheiden, soviel tiefer Glauben, ohne den von der modernen Propagandatechnik hervorgerufenen Fanatismus der Massenbewegungen, lassen uns an Definition von Volk denken, die Papst Pius XII. in seiner monumentalen Botschaft von Weihnachten 1944 gegeben hat:
„Das Volk lebt aus der Lebensfülle der Menschen, aus denen es sich zusammensetzt und deren jeder einzelne — an seinem Posten und in seiner Art — eine der eigenen Verantwortung und der eigenen Überzeugung sich bewußte Person ist. (...) Aus der Lebensfülle echten Volkes ergießt sich das ‚Leben, überfließend und reich, in den Staat und alle seine Organe und flößt ihnen; in unaufhörlich erneuerter Kraft, das Bewußtsein eigener Verantwortlichkeit und wahres Verständnis für das Gemeinwohl ein. (...)In einem Volke, das dieses Namens würdig ist, fühlt der Bürger in sich selbst das Bewußtsein seiner Persönlichkeit, seiner Pflichten und seiner Rechte, seiner eigenen Freiheit verbunden mit der Achtung vor der Freiheit und Würde der andern. In einem Volke, das dieses Namens würdig ist, bilden alle die Ungleichheiten, die nicht von der Willkür, sondern eben von der Natur der Dinge, von der Ungleichheit der Bildung, des Besitzes, der gesellschaftlichen Stellung herrühren — wohlgemerkt ohne Nachteil für Gerechtigkeit und wechselseitige Liebe — durchaus kein Hindernis gegen das Bestehen und Überwiegen echten Geistes der Gemeinschaft und Brüderlichkeit. Im Gegenteil, weit entfernt, die bürgerliche Gleichberechtigung irgendwie zu verletzen, verleihen sie ihr ihren wahren Sinn, daß nämlich jeder dem Staate gegenüber das Recht hat, in Ehren sein persönliches Eigenleben zu führen an dem Posten und unter den Bedingungen, in die ihn die Fügung und Führung der göttlichen Vorsehung gestellt hat.“


Das andere Bild zeigt eine Massendemonstration unserer Tage. Eine menschliche Herde, die nach den Ideen — oder vielmehr den Eindrücken — denkt und vibriert, die Rundfunk, Kino und Presse ihnen durch Augen und Ohren eintrichtern. All ihre Bewegungen, all ihre Impulse schweben bedrohend über die Szene, hängen über der Stadt wie ein Gewitter, dessen Kraft einzig der Zerstörung dient. Zerstören was? Niemand weiß es. Das, was die „Fachmänner“ der Herstellung von öffentlichen Meinungen wollen. So manipuliert, werden diese armen Menschen — mit Sicherheit — keine Kathedrale erbauen, sie können sie aber zerstören; sie werden keine Stadt erbauen, können sie aber in Brand setzen.
Masse, eine unglückliche anorganische Masse, die von den Bewegungen leben, die sie von außen aufgesetzt bekommen, die nicht wissen wohin sie sich bewegen, keine natürlichen Führer haben, keine eigene Hierarchie, keine Spur von interner Verschiedenheiten. Es ist kein Organismus. Es ist ein physisches Nebeneinander von Menschen, im Grunde untereinander isoliert, wie Sandkörner am Strand, die wohl nebeneinander da liegen, aber keinerlei geistige Verbindung untereinander haben — kein „Zusammensein“ im echten Sinn des Wortes.
Wie soll man da nicht an die Worte Pius XII. denken, die er in der selben Ansprache über die Masse sagte?
„Masse ist in sich träge und kann nur von außen her bewegt werden. (...) Die Masse hingegen erwartet den Antrieb von außen, sie wird leicht zum Spielball in der Hand eines jeden, der ihre Naturtriebe oder ihre Beeindruckbarkeit auszunützen versteht; sie ist bereit, wie es gerade kommt, heute diesem, morgen jenem Banner zu folgen. (...) Auch der elementaren Kraft der Masse kann der Staat sich bedienen, wenn sie nur geschickt bearbeitet und genutzt wird: in den ehrgeizigen Händen eines einzelnen oder mehrerer, die selbstsüchtige Bestrebungen künstlich zusammengeschlossen haben, kann der Staat, gestützt auf die Masse, die einfach nur mehr zur Maschine entwürdigt ist, seine Willkür dem besseren Teil des wahren Volkes aufzwingen. Das Gemeinwohl wird dadurch hart und für lange Zeit getroffen und die Wunde ist oft recht schwer zu heilen.“ (...) In einem demokratischen Staat, „der der Willkür der Masse ausgeliefert ist, verwandelt sich die Freiheit, obgleich eine persönliche sittliche Pflicht, in einen tyrannischen Anspruch auf ungehemmte Befriedigung menschlicher Gier und menschlicher Triebe zum Schaden für die andern. Die Gleichheit entartet in geistlose Gleichmacherei, in eine eintönige Gleichschaltung. Sinn für wahre Ehre, persönlicher Einsatz, Achtung vor Überlieferung, Würde, mit einem Worte alles, was dem Leben seinen Wert verleiht, geht allmählich unter.“

Und in der Tat: Man analysiere diese Masse und man wird in ihr keinen Sinn für Ehre, keinen Reichtum an Persönlichkeiten, keine Liebe zur Tradition finden!


Freie Übersetzung aus „Catolicismo“, Februar 1952

Donnerstag, 8. September 2016

Die Geburt Mariens und der Triumph ihres Reiches

zum 8. September
von Plinio Corrêa de Oliveira
Der folgende Text ist übernommen aus einem informellen Vortrag von Professor Plinio Corrêa de Oliveira, den er am 8. September 1966 hielt. Es wurde übersetzt und angepasst für die Veröffentlichung ohne seine Überarbeitung . -Ed .

Alles, was die Kirche tut, ist weise. In ihrer Weisheit, stuft sie die Ehrerweisung, die Gott, Unserer Lieben Frau und den Heiligen gebührt in verschiedenen Ebenen ein. Die erste Ebene, Latria oder Anbetung genannt, gebührt nur Gott und Unserem Herrn Jesus Christus, der das menschgewordene Wort ist .
Der Kult der Dulia ist die Verehrung oder Vermittlung, die die Kirche den Heiligen gewährt. Allerdings gibt es eine spezielle Kategorie von Ehrerweisung, die die Kirche ausschließlich der Muttergottes zugesteht, genannt Hyperdulia. Sie steht so hoch über alle Heiligen, dass die Kirche eine besondere Kultebene schuf, um die Verehrung zu ihr zu bezeichnen. Dies zeigt die einzigartige Stellung der Muttergottes in der ganzen Schöpfung .
Die Kirche lehrt dies auf verschiedene Weisen. Zum Beispiel: Außer von unserem Herrn und des hl. Johannes des Täufers, wird von keinem anderen Heiligen der Geburtstag gefeiert; kein anderer Heiliger hat mehr als einen Festtag im Jahr; und während die Kirche nicht erlaubt, dass ein Heiliger, mehrere Male auf dem selben Altar dargestellt wird, erlaubt sie eine beliebige Anzahl von Bildern und Figuren der Jungfrau Maria, die überall im kirchlichen Raum aufgestellt werden. Auch feiert die Kirche Dutzende Marienfeste im Jahreskalender, liturgische Feiern und fromme Praktiken zu Ehren Unserer Lieben Frau.
Unter diesen hat ihre Heilige Geburt eine besondere Bedeutung, da sie eine neue Ära in der Geschichte des auserwählten Volkes kennzeichnet.
Das Alte Testament, dass nichts anderes ist als die Erzählung des Wartens auf den Messias, kann in zwei Phasen eingeteilt werden: Die erste wäre die 4000-5000 Jahre vor der Geburt Mariens. Die zweite ist nach diesem gesegneten Augenblick, in dem die Vorsehung beschlossen hat, dass sie geboren werde, und deren Gebete den Messias hervorbringen würde.
Ihre Geburt war die Ankunft dieses vollkommenen Geschöpfes, das voll der Gnade vor Gott war. Ohne sie hätten alle Gebete und Leiden der ganzen Menschheit es nicht erreicht, die Menschwerdung Gottes herabzubitten. Doch mit ihr, hatte sich der Lauf der Geschichte für immer verändert. Alle Gebete wurden effektiver und eine neue Art von Segen und Gnade begann eine Art von Heiligkeit hervorzubringen wie nie zuvor.
Unsere Liebe Frau diente als das „Tor zum Himmel“, wodurch die Hoffnung auf das Kommen des Messias eintrat. Ihre Anwesenheit auf der Erde war der Anlass außerordentlicher Gnaden. Die Höhe ihrer Betrachtung gab ihr eine große Gegenwärtigkeitskraft. Sie machte sie zu einem Brunnen, dem so viele und so hohe Gnaden entsprangen, so dass ihr Dasein eine ständige Verkündigung der Ankunft des Herrn war.
Daher ist das Fest der Geburt der Gottesmutter sehr erhaben. Es ist der Anfang der Erlösung, die schließlich die bösen Mächte des Heidentums und der Heiden besiegen würde.
Es gibt eine tiefe Beziehung zwischen der Geburt Mariens und dem was in der modernen Gesellschaft geschieht. Wieder einmal hat Maria eine zentrale Rolle in der Geschichte eingenommen, indem sie Seelen beruft, die inmitten der Dunkelheit des Neuheidentums, sich brennend nach der Zeit ihres Reiches sehnen. Sie rufen nach ihm und kämpfen für seine Einrichtung auf Erden.
Diese Seelen sind wie Unsere Liebe Frau im Alten Testament: Weder ist das Licht noch nicht gekommen, noch hat die Erlösung den Sieg und die Befreiung vom Teufel erwirkt. Allerdings breiten diese Seelen Gnaden der Hoffnung und Entschlossenheit in einer Weise aus, dass sie die Vorboten des kommenden Sieges sind.
So wird die Geburt Mariens symbolisch wiederholt zur Vorbereitung ihres, vom hl. Ludwig von Montfort und in den Erscheinungen von Fatima prophezeiten, kommenden Reiches.
Für diejenigen, die den Sieg Unserer Lieben Frau herbeisehnen, ist dieses Fest von besonderer Bedeutung. Sie sollten inbrünstig beten, für das sofortige Kommen des Reiches Mariens, damit die lange dunkle Nacht der Sünde durch ihren Triumph zu Ende geht.

Sonntag, 4. September 2016

Pius XII. und die Ära Mariens

Eröffnet wurde das Königtum des Herzen Mariens


von Plinio Corrêa de Oliveira

  Mit der Veröffentlichung der Enzyklika „Ad Coeli Reginam“ (am 11. Oktober 1954) wollte der Heilige Vater Pius XII. die Übungen der marianischen Frömmigkeit, mit der er die Christenheit im Laufe des Jubiläumsjahres der Unbefleckten Empfängnis erbaute, mit einem höchst wichtigen Akt vervollkommnen. Er selbst äußerte es in klaren Worten: „Wir möchten indessen gewissermaßen den Schlussstein auf diese Einzelerweise Unserer Verehrung der Mutter Gottes setzen, … und (um) in glücklicher Weise das Marianische Jahr (zu) beschließen, das sich nun seinem Ende nähert, … haben Wir beschlossen, das liturgische Fest ,der Heiligen Jungfrau Maria, Königin‘ einzusetzen.“ Auf die Wichtigkeit dieses Aktes weist der Papst hin, als er erklärt, dass in diesem Weiheakt „ruht wahrlich eine lebendige Hoffnung, dass wir eine Ära des Glückes sich erheben sehen, die sich des christlichen Friedens und des Triumphes der Religion erfreuen wird“. Diese Hoffnung, erklärt der Papst, hat ernsthafte und tiefe Gründe: „Da Wir nun durch lange und reifliche Überlegungen die Überzeugung erlangt haben, dass es für die Kirche vorteilhaft sein wird, wenn diese sicher begründete Wahrheit (des Königtums Mariens) wie ein besonders helles Licht auf einem Kandelaber klarer vor aller Augen leuchtet“.

  Wohl verstanden soll diese Gnade, die sich an das Herz eines jeden Menschen richtet, seine Seele auch erneuern. Dass „in der Nachfolge und zu Ehren einer so großen Königin die Christen sich endlich wahrhaft als Brüder fühlen werden und dass sie den Hass und die ungezügelte Sehnsucht nach Reichtum verbannen, die soziale Liebe üben, das Recht der Armen achten und den Frieden lieben werden.“ Es geht nicht darum, eine rein äußerliche und formale marianische Bewegung zu fördern, sondern den Seelen eine ernsthafte und wirkungsvolle Umsetzung der Gnaden zu fordern, die sie von ihrer Mutter bekommen werden: „Niemand halte sich als Kind Mariens für würdig, unter ihren Schutz aufgenommen zu werden, wenn er nicht nach ihrem Beispiel gütig, gerecht und rein ist und wenn er nicht mit Liebe wahre Brüderlichkeit übt und ohne jemand Unrecht zu tun, im Gegenteil Hilfe und Trost bringt.“


  Diese Worte des Papstes verdienen eine eingehende Betrachtung. Einerseits spricht er gegen den Neid: eine eindeutige Haltung großer Menschenmassen, die über ungerechte Prüfungen verbittert sind und vielfach durch die demagogischen Prinzipien der Französischen Revolution und des Kommunismus vergiftet sind: die Reichen hassen, nur weil sie über deren Vermögen neidisch sind und die ganze soziale Hierarchie zerstören wollen. Der Heilige Vater spricht auch vom maßlosen Wunsch nach Reichtum, ein Übel, das fast alle Länder der Welt plagt. Machthaber der Industrie und des Handels häufen in ihren Händen enorme Reichtümer an, neben welches das Vermögen der ehemaligen Aristokratien fast unbedeutend erscheint. Sie verwandelten die Wirtschaft in ein geschlossenes Reich, in dem sie über den An- und Abstieg der Preise, über den Umlauf und die Verwendung des Reichtums bestimmen. Bald unterdrücken sie den Staat, bald werden sie von diesem Unterdrückt, wenn die Welle der Demagogie steigt. So sieht sich die Gesellschaft immer bedrängter von diesen zwei mehr oder weniger verdeckten Formen von Diktatur: die der Finanzoligarchie und die der Masse. Daraus kann nur die Erdrosselung der echten gesellschaftlichen und geistigen Eliten, die Unterdrückung des ehrlichen und friedlichen Arbeitnehmers, die Vernichtung der kleinen und mittleren Bourgeoisie hervorkommen. Es ist das erbärmliche Phänomen des Klassenkampfes in der, das, was in der Gesellschaft am unechtesten und schlechtesten ist – Kamarillas von Blutsaugern der Wirtschaft oder vulgäre Demagogen – das verschlingt, was am authentischsten und besten ist. Wie weit dies das Gegenteil der „sozialen Liebe“ ist, von der der Papst spricht, wer sieht das nicht? Um die Gesellschaft vor der Macht des Schlechten über das Beste zu schützen, proklamiert der Papst in der Welt die königliche Würde Mariens.


  Sicher ein dringendes Werk, das der sozialen Reform. Um so mehr da Pius XII. sie wesentlich in der Art einer moralischen Reform sieht. Doch Maria hat eine große Macht über die menschliche Seele; ihr müssen sich die Menschen nahen nicht nur, „um Hilfe in der Gefahr, Licht in der Finsternis, Trost in Schmerz und Tränen zu erflehen“, sondern die Gnade erflehen, „die kostbarer ist als alle anderen“, „den Mut aufbringen, sich von der Knechtschaft der Sünde loszureißen“.


  Die Verkündigung der Souveränität Mariens in der Enzyklika „Ad Coeli Reginam“, die Einsetzung ihres Festes auf den 31. Mai, die Krönung des Marienbildes „Salus populi Romani“ durch den Papst selbst, dies alles kann und muss der Ausgangspunkt sein für eine neue Zeit in der Geschichte der Menschheit: die Ära des Königtums Mariens.


  Mit der der Heiligen Kirche eigenen Vorsicht begründet die Enzyklika „Ad Coeli Reginam“ die königliche Würde Mariens nicht nur mit theologischen Argumenten. Es wäre jedoch nicht überflüssig daran zu erinnern, dass dieser große Tag der Ausrufung des Universalen Königtums Mariens und die Hoffnung auf eine Epoche von Triumph und Ruhm der Religion schon seit Jahrhunderten Gegenstand der Wünsche vieler frommen Seele ist.

  Eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der katholischen Kirche war sicher die Verbreitung der Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu. Wenn auch diese Devotion vielen Heiligen schon vorher nicht unbekannt war, fand die Verbreitung ihren Ausgangspunkt in den von der hl. Margareta Maria Alacoque erhaltenen Offenbarungen in Paray-le-Monial im 17. Jahrhundert, nahm während den nächsten Generationen stark zu und erreichte ihren Höhepunkt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Neben der Verbreitung dieser Andacht nahm eine andere Devotion auch ihren Anfang in Frankreich: die Knechtschaft zur Mutter Gottes, dessen größter Lehrer der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (17. Jh.) mit seiner „Abhandlung von der wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“. Der Vereinigungspunkt – wenn man dies von wesentlich zusammengehörenden Dingen sagen kann – dieser zwei großen Gnadenströme war die Andacht zum Unbefleckten Herzen Mariens, deren Lehrer und Prediger der spanische Heilige Antonio Maria Claret gewesen ist. Er gründete im 19. Jahrhundert die Kongregation der Missionare Söhne des Unbefleckten Herzens Mariens.


  Nun sind aber die Schriften der Heiligen, die sich am meisten ausgezeichnet haben, die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu zu lehren und zu verbreiten, gefüllt von der Hoffnung auf den Sieg des Königtums Christi nach den stürmischen Zeiten, in denen wir leben, und das Beten für diesen Sieg war der eigentliche Zweck des Herz Jesu Gebetsapostolats in der ganzen Welt. Auf der anderen Seite sind die Schriften des hl. Ludwig Grignion von Montfort reich an prophetischen (wir benutzen diesen Ausdruck mit den Vorbehalten des guten katholischen Sprachguts) Lichtstrahlen über das Königtum Mariens, als Schlusspunkt der Katastrophenära, die mit der protestantischen Reformation begonnen hat.


  Königtum Christi und Königtum Mariens sind nicht unterschiedliche Dinge. Das Königtum Mariens ist nichts anderes als ein Mittel – oder eher das Mittel – zur Einrichtung des Königtums Jesu Christi. Das Herz Jesu regiert und triumphiert im Reich und im Triumph des Herzens Mariens. Das Reich und der Triumph des Herzens Mariens beruhen auf nichts weiteres, als den Triumph und das Reich des Herzen Jesu herbeizuführen. So münden diese nach der protestantischen Reformation entstandenen zwei großen Ströme zu einem gleichen Ziel, zur Vorbereitung eines gleichen Ereignisses: das Königtum Jesu und Mariens in einer neuen historischen Ära.

  Diese Überlegungen können dem, was die Hirtenkinder in Fátima vom Unbefleckten Herzen Mariens gehört haben, nicht fremd sein. Die Muttergottes setzte eine sehr deutliche Alternative zwischen eine Zeit des Glaubens und des Friedens, falls man ihren Bitten nachkommen würde, und wenn nicht, käme eine Zeit der Verfolgungen. Als Bedingung für die Zeit des Glaubens und des Friedens wies sie besonders auf die Weihe der Welt ihrem Unbefleckten Herzen und eine allgemeine Bekehrung im Lebenswandel der Menschen hin.
  Da nun jetzt der Heilige Vater – der schon Russland und die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht hat – verordnete, die Weihe jährlich am Festtag des Königtums Mariens pflichtmäßig zu erneuern, wer könnte da dem Gedanken fliehen, dass der Papst einen sehr wichtigen Anfang setzt, auf dem so viele fromme Seelen seit Jahrhunderten gewartet haben und die Pforten der Ära Mariens in der Geschichte der Welt öffnet?

  Der hl. Papst Pius X. gedachte in der Enzyklika „Ad diem illum“ zum 50. Jahrestag der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis der wunderbaren Früchte, die das Dogma hervorbrachte: vor allem die Wunder in Lourdes und die Erklärung der Päpstlichen Unfehlbarkeit. Werden im diesjährigen Hundertsten die Früchte geringer gewesen sein? Die göttliche Vorsehung wollte, dass sie aus den Händen Pius XII. sprießen. Es waren die Verkündigung des Dogmas der Himmelfahrt Mariens und die Proklamation des Königtums Mariens. Was kann reicher, fruchtbarer, schöner sein?

in „Catolicismo“ Jahrgang IV – Dezember 1954 – Nr. 48