Freitag, 21. November 2014

Christus ist König auf Erden



Jesus ist vor allem der König des Himmels. In bestimmter Weise übt er seine Herrschaft aber auch schon auf Erden aus. Denn König ist, wer in einer Monarchie die höchste und volle Autorität rechtmäßig besitzt. Er erlässt Gesetze, leitet und richtet. Seine Königswürde kommt am wirksamsten zur Geltung, wenn die Untertanen die königlichen Rechte anerkennen und seine Gesetze befolgen. Nach christlicher Auffassung stehen Jesus Christus alle Rechte über uns zu. Er hat seine Gesetze verkündet, leitet die Welt und wird die Menschen einst am Jüngsten Tage richten. An uns liegt es, sein Reich wirksam werden zu lassen, indem wir seine Gesetze erfüllen sowie seine Herrschaft und Gerichtsbarkeit über uns anerkennen.

Christi Herrschaft ist zunächst individueller Natur; denn sie verwirklicht sich, wo immer eine treue Seele unserem Herrn Jesus Christus Gehorsam leistet. Sie wird aber zu einer sozialen Wirklichkeit, wenn alle Mitglieder der menschlichen Gesellschaft ihm diesen Gehorsam entgegenbringen und ihre Unterwerfung unter seine Gerichtsbarkeit gläubig anerkennen.

Infolgedessen kann das Reich Christi schon hier auf Erden erstehen im individuellen wie im gesellschaftlichen Sinne. Voraussetzung dafür ist nur, dass die einzelnen Menschen aus dem Innersten ihrer Seele heraus wie auch in allen ihren Handlungen sich gleichförmig machen mit dem Gesetz Christi und dass die Gesellschaft mit ihren Institutionen, Gesetzen und Bräuchen wie auch in ihren kulturellen Veranstaltungen und Darstellungen sich nach dem Gesetz Christi richtet.

Wie konkret, glänzend und deutlich fassbar diese irdische Realität des Reiches Christi auch in Erscheinung treten kann, ist das Beispiel von Frankreichs König Ludwig des Heiligen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Man darf jedoch nicht vergessen, dass ein solches Reich immer nur Vorbereitung ist. In seiner ganzen Fülle wird das Reich Gottes sich erst im Himmel verwirklichen: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18, 36).

Mittwoch, 19. November 2014

Die Geschichte kann rückwärts gehen


Auszug aus einem Interview des Fernsehsenders Itacolomi von Belo Horizonte
mit Prof. Plinio Corrêa de Oliveira am 16. August 1965.

Frage — Meinen Sie, dass es heutzutage möglich ist den Kommunismus und den Sozialismus zurückzudrängen? Sehen Sie nicht, dass das ein Rückwärtsgang der Geschichte bedeutet?

Antwort — „Rückwärtsgang“ … Dieser Ausdruck bittet um eine Erklärung. Was ist eigentlich „Rückwärtsgang“? Was ist ein „Rückwärtsgang“ im Leben eines Menschen? Kann das Leben eines Menschen nicht rückwärtsgehen? Wenn ein Mensch einen Fehler begeht, wenn der Mensch sündigt, wenn ein Mensch edlerweise seine Fehler und seine Sünden bekennt und zu seinen früheren Gedanken oder Sitten zurückfindet, ist das kein Rückwärtsgehen? Wie viele Ereignisse im Leben der Menschen — edle, gehobene, würdigende Ereignisse der Menschengeschichte — hat die Geschichte nicht verzeichnet, von Menschen die rückwärts gegangen sind.

„Rückwärtsgang“ … Spanien war einst christlich. Es wurde dann von den Mauren überfallen und hat nach Jahrhunderten maurischer Herrschaft seine Unabhängigkeit wiedererlangt. Bedeutet das ein Rückwärtsgang? Die großen Fehlschritte der Geschichte korrigieren, die großen Katastrophen berichtigen, ist das ein Rückwärtsgang? Ich widerspreche dem. So wie in der Geschichte des Menschen ist es auch in der Geschichte der Völker möglich rückwärts zu gehen. Ein Teil Brasiliens wurde (im 17. Jh.) von den Holländern überfallen und eingenommen. Für lange Zeit etablierten sie hier eine Protestantische Herrschaft. Mit der Vertreibung der Holländer sind wir zurückgeschritten, das heißt, wir kamen zurück zum vormaligen Stand. War das nicht ein großes Ereignis in der Geschichte Brasiliens?
Die Schlacht von Guararapes (Pernambuco)
Sieg über die holländischen Eindringlinge 1649

Die Geschichte, verehrte Zuschauer, kehrt immer zurück, wenn sie sich auf Abwegen befindet und die Menschen eine Kurkorrektur vornehmen. Die Menschen können die unzähligen Fehler korrigieren, die sie vor die Türen des Kommunismus führten! Das zu bezweifeln, bedeutet an die Barmherzigkeit Gottes zu zweifeln. Es würde bedeuten, an die Aufgabe der Kirche zu zweifeln, die sie mit Kraft und Würde allen Völkern verkündet.

Ja, ich glaube, dass die Menschen rückwärts gehen können, sobald sie verstehen, dass sie die entgegengesetzte Richtung Unseres Herrn Jesus Christus eingenommen haben. Wenn sie sich Christus wieder zuwenden, schreiten sie zurück. In diesem Sinn ist Er uns nicht nur voraus, sondern Er ist auch auf unseren Wegen hinter uns. Er ist auch hinten auf den schlechten Wegen und wartet auf den reuigen verlorenen Sohn, Er wartet auf den Sünder. Die Geschichte kann rückwärts gehen!


Freitag, 14. November 2014

Der Sieg von Eleganz und Geschicklichkeit über Kraft und Materie




Als Graf S. K. Potocki (1752-1821), ein polnischer Adliger, an einer Jagd auf den Gütern des Königs von Neapel teilnahm, wurde ihm ein Pferd gezeigt, dass als unzähmbar galt. Der Graf legte sofort seinen Mantel ab und sprang auf das wilde Tier, das sich sofort von ihm bezwingen ließ. Der große französische Maler Jacques-Louis David (1748-1825) hielt in einem Bild die Szene fest, in der Potocki seinen Sieg für vollendet hielt.

Das Pferd mit seiner phantastischen Muskulatur und voll ungeheuerlicher Vitalität scheint noch zu schäumen unter dem Joch des Reiters. Dieser, wenn er auch im Verhältnis zum Pferd den Eindruck einer schlanken und zarten Figur abgibt, verhält sich dennoch ruhig, elegant, völlig sich selbst und das Tier beherrschend, indem er die grüßt, die seinem Triumph Beifall spenden.
Es ist ein erhabenes Symbol des Sieges des Geistes über die Materie, des Menschen über die Rohheit.

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Welch wunderschönes Meditationsthema für die Menschen unserer Zeit, die sich so oft, schon nicht von einem Tier, aber doch von etwas beherrschen lassen, was in der Ordnung der Geschöpfe ihnen sehr unterlegen ist: die Maschine.

Catolicismo, Nr. 117 - September 1960

Donnerstag, 13. November 2014

Weltliche Umgebung, die die Lust auf die himmlischen Dinge zerstört


 Der Times Square von New York in nächtlicher Beleuchtung. Alle Mittel der Lichtwerbung werden hier aufgeboten, um die Passanten zu betören, von allen Seiten her ihre Aufmerksamkeit zu wecken, sie auf vielfältiger Weise zu reizen, um sie zuletzt zu überzeugen, etwas zu kaufen, was sie normalerweise eigentlich garnicht kaufen würden.
Das ist nur ein Aspekt eines Lebens der ständigen Hektik in den großen modernen Metropolen.

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Das berühmte Bild von Fra Angelico, auf dem er den meditierenden hl. Dominikus darstellt, steht in prallem Kontrast zum ersten Bild.

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Wäre es den Einwohnern unserer heutigen babylonischen Städte möglich diese wunderbare geistige Entspanntheit, die die Seele in die Lage versetzt, sich in die höheren Gefilde des Studiums und der Betrachtung zu erheben? Wer sieht nicht, dass die moderne Hektik die Mehrheit der Menschen fernhält von dem Wunsch an Zurückgezogenheit und Sammlung in Gott, um zu beten und meditieren?

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Der hl. Augustinus sagt, im Himmel „werden wir stille sein und schauen, schauen und lieben, lieben und loben. Das ist’s, was dereinst sein wird, an jenem Ende ohne Ende.“ („Vom Gottesstaat“, Buch 22, Kap. 30)
Bereitet die moderne Hektik die Menschen darauf vor, diese Freude im Himmel zu verstehen und sich nach ihr zu sehnen?


Catolicismo, n. 120 - Dezember 1960